Das Museum Ostwall im Dortmunder U (MO) ist die Kunstsammlung
der Stadt Dortmund und ihrer Bürger*innen mit Werken aus dem 20.
und 21. Jahrhundert. Insbesondere der expressionistische
Sammlungsbestand des MO prägt das Profil des Museums, schafft eine
städtische Identifikation mit dem Museum und bedingt sein
internationales Renommee.
Weibliche Perspektiven sind in der Sammlung des Museums Ostwall
deutlich unterrepräsentiert. Dies betrifft nicht zuletzt die
europäischen Kunstbewegungen Anfang des 20. Jahrhunderts wie den
Expressionismus.
Gabriele Münter (geb. 19. Februar 1877 in Berlin – gest. 19. Mai
1962 in Murnau am Staffelsee) gehört neben Marianne von Werefkin
zu den bekanntesten Künstlerinnen des Expressionismus in
Deutschland. Sie war Mitglied der Neuen Künstlervereinigung
München, Mitbegründerin der legendären Malergemeinschaft Der
Blaue Reiter (1911) in München und gilt heute als Wegbereiterin
der modernen Kunst.
Im Oktober 1929 besucht die mittlerweile etablierte Künstlerin
erneut die Kunstmetropole Paris. Die Stadt scheint die Malerin zu
beleben und zu inspirieren.
In dem Gemälde „Abend vom Fenster (Blick auf Rue Lamblardie,
Paris)“ verbindet sie in atmosphärischer Dichte Stadtansicht mit
Industriebild.
Vor einem leuchtend blauen bis aquamarinfarbenen Himmel, der durch
einzelne Flächen in Rosa eine abendliche Dämmerstimmung
verbreitet, erstrecken sich über fast drei Viertel der Bildfläche
verschiedene Häuserfronten und Hinterhöfe in dunklen Brauntönen.
Die mehrstöckigen Gebäude und die im Hintergrund angedeuteten
Türme verweisen auf eine Großstadt. Der stimmungsvolle
Abendhimmel erinnert an Münters expressionistische Landschaften
aus der Murnauer Zeit, während der Vordergrund eine ungewöhnlich
dunkle, düster wirkende Farbpalette aufweist.
Wie in den meisten von Münters Stadtansichten oder Landschaften
sind keine Menschen abgebildet. In zwei der abgebildeten Häuser
brennt Licht, wobei das Haus am rechten Bildrand sogar voll
erleuchtet ist. Der Trubel der Großstadt findet hier nicht auf der
Straße, sondern vermeintlich in den beleuchteten Wohnungen
statt.
„Abend vom Fenster (Blick auf Rue Lamblardie, Paris)“ steht am
Anfang einer durchaus bedeutenden Werkreihe, in der sich einmal
mehr Münters innovative Schaffenskraft und ihre bedeutende Rolle
innerhalb der europäischen Moderne offenbart.